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Landarzt Kasse und die Basisrevolte gegen das Arzneimittelbudget


3000 Ärzte mobilisierten über 500 000 Patienten

NEUSTADT – Die Flucht von Seehofer aus dem Arzneibudget bewirkt zu haben – das werden sich viele auf die Fahnen schreiben. Aber nur einer hat die Bonner Politiker in diesem Zusammenhang mit dem konfrontiert, was sie nicht mögen. Dr. med. Godehard Kass aus Neustadt am Steinhuder Meer sammelte über 500.000 Unterschriften empörter Patienten (sprich: empörter Wähler) für eine Bundestags-Petition gegen das Arzneibudget. Entscheidenden Anteil an dieser Mobilisation hatten 3.000 Kolleginnen und Kollegen aus der ganzen Bundesrepublik. Dazu ein Interview.

Seehofer kippt das Arzneimittelbudget. Was fühlt der Landarzt Kasse, der die Idee hatte, diesen Unsinn per Petition an den Bundestag zu beenden?

Das ist schon ein tolles Gefühl über die gelungene Aktion von Patienten und Ärzten. Aber ohne die Kollegen des Neustädter Ärztekreises, die Freunde, die mir Mut gemacht haben, aber auch ohne die Unterstützung durch Ihre ÄP-Redaktion wäre das Ganze nicht so erfolgreich verlaufen.

Glauben Sie, daß die Basis-Aktion bei den Bonner-Politikern Druck gemacht hat?

Ja sicher. Rund 20.000 Faxe mit Unterschriften haben seit Mitte November die Leitungen im Bundeskanzleramt, im Hause Seehofer und im Bundestag blockiert. Die Neustädter Kollegen haben in einem zusätzlichen Brief an alle Bundestagsabgeordneten die Sache noch einmal erklärt. Die Antwort darauf kam aus dem Bonner Justizministerium: Es werde wohl in unserem Sinn entschieden. Nach diesem Einknicken war alles klar.

Wieviel Unterschriften haben Sie denn mittlerweile?

Über 500.000, und es werden jeden Tag mehr. 3.000 Kolleginnen und Kollegen haben sich beteiligt, wobei man sagen muß, daß die Ärztinnen ganz besonders aktiv waren. Überwältigend war auch die Resonanz aus den neuen Bundesländern.

Der ICD-10 wurde von zwei "einfachen " Vertragsärzten aus Regensburg gestoppt. Beim Arzneimittelbudget kam die Basis-Aktion aus Niedersachsen. Schlafen die konventionellen Ärzte-Verbände?

Die ICD-10-Aktion war unser großes Vorbild. Verbandspolitiker, die dauernd mit den Leuten in der Regierung reden, scheuen wohl die offene Konfrontation mit Bonn. Wir von der Basis haben dagegen keine Probleme, uns mit den Wählern zu verbünden und "denen da oben" zu zeigen, was eine Harke ist. Wenn der Zug fährt, springen andere dann gerne auf.

Wie kann das Problembewußtsein der Basis in den ärztlichen Körperschaften ein größeres Gewicht erhalten?

Modernes Management erfordert ständige Verbesserungsvorschläge und Kritik der beteiligten Ebenen. Wenn z. B. die KVen moderne Kommunikationstechniken besser nutzen würden, könnten sie leicht erfahren, was an der Basis jeweils Sache ist.

Werden Sie mit den Richtgrößen besser arbeiten können?

Richtgrößen beseitigen die Ungerechtigkeiten der Kollektivhaftung und beenden den Blindflug des Kollektivbudgets. Der Grundkonflikt des Arztes, einerseits den Patienten nach dem "Stand der Kunst" mit allen haftungsrechtlichen Konsequenzen zu behandeln, andererseits ein festes Kostenlimit nicht zu überschreiten, bleibt bestehen.